Kunst zum Zugucken und ein bisschen auch mitmachen, wenn die Wünsche, Ängste, Hoffnungen und Gedanken der Vorbeikommenden auf die Dachlatten geschrieben werden.
Aus dem Online-Magazin inFranken.de vom 16. Mai 2022
Erst sägt er – dann schraubt Martin Steinert. Solange, bis die Dachlattenstücke verbunden sind – dann sägt er wieder. Tagelang. Am Breitbach in Marktbreit. Noch die ganze Woche über, bis Freitag. Und so nach und nach entsteht dabei eine Skulptur, eine in sich gedrehte Welle, die mit dem Wasser im Bach spielen wird. Der Saarbrücker Künstler war bei einem Besuch in Marktbreit fasziniert vom Schauspiel am Breitbach: Das meist ruhig fließende Gewässer am Rathaus kommt in Rage, wenn ein Schiff auf dem nahen Main vorbei fährt: Erst wird das Wasser aus dem Bach gezogen, dann kommt die Welle mit Kraft zurück, was er mit einer großen Holzkonstruktion über dem Bach symbolisieren wird.
Und es passt ins Konzept der Arbeiten Steinerts, der aus Dachlatten große Skulpturen schafft. Seit einigen Jahren gibt es dazu das Projekt „Wooden Cloud“, also Holzwolke. Begonnen hatte es 2015 in seiner Heimatstadt Saarbrücken, damals noch in einer Kirche. Von da aus wanderte die Wolke weiter und veränderte sich: Das Projekt „Wooden Cloud“ findet seitdem immer nur in einer Metropole in einem Land statt. Einer begehbaren Installation in St. Petersburg folgte Berlin, Paris, Ramallah in der Westbank, Prag, Tirana und zuletzt Dakar.
All diese Werke sind, wie auch das in Marktbreit, in der Öffentlichkeit entstanden. Wer möchte, der kann also in Marktbreit am Breitbach, gleich nach der Fußgängerampel zum Lagerhaus, vorbeischauen und direkt bei der Entstehung eines Kunstwerks dabei sein. Und nicht nur zuschauen, auch reden, denn Steinert ist offen für alle Besucherinnen und Besucher. Und die können zudem ihre Wünsche Hoffnungen, Ängste und Gedanken auf die Dachlatten schreiben, ehe diese verbaut werden.
Am Erlebnisort Reden wurde jetzt das neueste Werk des Künstlers Martin Steinert der Öffentlichkeit übergeben.
Fotos von Thomas Hippchen
Aus der Saarbrücker Zeitung vom 11. Juni 2022
Das hat schon gepasst: Fünf Bläser der Bergkapelle Saar intonierten das Steigerlied, das traditionsreiche Musikstück, das Zuversicht und Tatkraft zugleich vermittelt. Die Hoffnung der Bergleute, nach der harten und gefährlichen Arbeit im Bergwerk wieder ans Tageslicht und zu ihren Familien zurückzukehren wird, schon seit Jahrhunderten mit diesem Lied ausgedrückt. Hoffnung und Aufbruch, das sind auch die Themen, mit denen sich der renommierte saarländische Künstler Martin Steinert in seiner neuesten Arbeit am Erlebnisort Redenauseinandergesetzt hat. „Mobile – in Bewegung“ heißt das neueste Werk, das jetzt in feierlichem Rahmen, unter anderem mit Musikern der Bergkapelle, des Landrats Sören Meng sowie dem Schiffweiler Bürgermeister Markus Fuchs der Öffentlichkeit übergeben worden ist. Steinert reihte an einem über die Wassergärten im Erlebnisort Reden gespannten Stahlseil zwölf vogelartige, aus Latten gefertigte Gebilde aneinander. Sie erinnern an Formationen von Zugvögeln, sagte Meng und symbolisierten den „ewigen Fortlauf der Dinge“, den ständigen Wechsel von Ende und Neubeginn. Diese zitierte Symbolik unterstreiche auch den Wandel am Erlebnisort vom Vorzeigebergwerk von einst hin zu einem touristischen „Leuchtturmprojekt“ zu dem sich der Standort weiterentwickeln wolle, erkannte der neue Standortmanager Eric Schneider.
„Wir freuen uns, dass Martin Steinert den Erlebnisort nun schon zum dritten Mal als Standort für seine Installation gewählt hat“, freute sich Meng. Kunstwerke wie diese, so Meng weiter, verfügen über eine Strahlkraft weit über die regionalen Grenzen hinaus und verbänden die Menschen miteinander. Steinert begann vor etwa 40 Jahren als Bildhauer und entdeckte vor rund zehn Jahren den Werkstoff Holz für seine Kunst. Seitdem baut er temporäre, raumgreifende Installationen im öffentlichen Raum. Eine seiner ersten Skulpturen dieser Art entstand 2013 für den Wassergarten im früheren Bergwerk Reden. In den Jahren danach erschuf Steinert Skultpturen aus Holzlatten fast auf der ganzen Welt. So arbeitete er in St.Petersburg, Berlin, Paris, Ramallah, Prag, Tirana oder Dakar. Steinert meinte zu seiner neuesten Arbeit im Schiffweiler Ortsteil Landsweiler-Reden, dass Zugvögel von jeher als Aufbruch in angenehmere Gefilde stünden, aber auch für Wiederkehr, für ein Leben von Wechsel und Beständigkeit.Gleichzeitig, so Meng, „stehen diese Vögel für den Aufbruch in eine gute Zukunft für unsere Region“. Und wegen der bedrückenden Lage in der Ukraine dürfen Steinerts Vögel auch als Symbol für Grenzenlosigkeit und letztlich für den Frieden verstanden werden.
Eine Holzskulptur, Lichtkunst dazu, sowie Tänzerinnen und Musiker. Im Garten des Pingusson-Baus in Alt-Saarbrücken entstand ein Kunst-Projekt.
Aus der Saarbrücker Zeitung vom 7. März 2022
Die großformatige Holzskulptur, die auf den Stufen des Pingusson-Gebäudes errichtet wurde, besteht aus zwei gerundeten Schalen. Ein kleiner Abstand ermöglicht, dass man die Bögen getrennt voneinander wahrnehmen kann, die Schalen öffnen sich zum Garten und zur Treppe hin. Es handelt sich dabei um die neueste Skulptur von Martin Steinert. Sie besteht aus einfachen Holzlatten, hat eine Höhe von bis zu sieben Metern und erinnert erstmal an seine mittlerweile europaweit realisierten „wooden clouds“. Jedoch sind bei dieser Arbeit die Holzlatten lichter angebracht, es ist mehr Raum dazwischen. „Sie ist mehr als ein Bühnenbild gedacht. Außerdem ist sie eine Projektionsfläche“, erklärt Martin Steinert, bekannter Bildhauer aus Saarbrücken. Sie wird auch nicht allzu lange im Garten des Pingusson-Baus zu sehen sein, denn sie ist ein Teil eines Kunstprojekts mit dem Namen „Lisière / Lichtung“, das vom 19. bis zum 26. März jeden Abend von 19.30 Uhr bis 21.30 Uhr zu erleben sein wird. Damit das Kunstwerk komplett wirken kann, sollte es bereits dämmern oder dunkel sein. Denn der Saarbrücker Lichtkünstler François Schwamborn wird einzelne Hölzer der Skulptur illuminieren.
Bereits im Dezember 2019 arbeiteten die beiden Künstler gemeinsam an dem Werk „Streitfall Mensch – Heil oder Dorn der Schöpfung?“ des Regionalverbandes Saarbrücken in der Katholischen Kirche Maria Heimsuchung in Auersmacher. Auch dort beleuchtete François Schwamborn eine Holzskulptur von Martin Steinert. Und da die beiden gut zusammenarbeiten können und das Ergebnis sehenswert und beeindruckend war, wiederholen sie hier ihre Kooperation. Dazu muss François Schwamborn aber erstmal abwarten, bis Martin Steinert seine Skulptur fertig gebaut hat. Denn er zeichnet die Skulptur anschließend digital nach. Dann erstellt er mit einem Computerprogramm eine intelligente Lichtquelle, die nur einzelne Holzlatten beleuchten kann und die weitere, zarte, auch bewegte Lichtanimationen auf die Skulptur überträgt. Da François Schwamborn dabei nur wenig farbige Lichtquellen einsetzt, wirkt die Animation zurückhaltend, dezent – und bezaubernd. „Es ist aber nicht die einzige Projektion, die an den Tagen zu sehen sein wird“, erklärt François Schwamborn. Denn neben der Skulptur-Lichtinstallation werden an drei Abenden noch verschiedene Performances vorgeführt werden. Am 19. März werden Kiyana Tam von Burg, Rose Bleasdale und Edoardo Cino, allesamt Tänzerinnen und Tänzer vom Saarländischen Staatstheater zur Musik von Florian Schwamborn sich tanzend in und um die Skulptur bewegen. Am 24. März werden von dem „Trio Autochton“ mit Stefan Scheib, Hartmut Oßwald und Wolfgang Schliemann experimentelle Klänge zu hören sein. Und am 26. März wird Kathrin Lambert in einer Sound Performance Alltagsgegenstände zum Klingen bringen. Für diese Aufführungen ist François Schwamborn ebenfalls zuständig, denn der Lichtkünstler hat nicht nur die Künstler und Künstlerinnen angesprochen und ausgesucht, er wird ihre Körper während den Performances ebenfalls mit intelligenten Lichtquellen illuminieren. Man wird daher nicht nur die Skulptur selbst beleuchtet sehen können, sondern gleichzeitig auch Musik, Tanz und Kunst erleben, ebenfalls mit Lichtquellen von François Schwamborn zusätzlich in Szene gesetzt. Das Ganze wird gerahmt von dem schönen, eleganten, weiten Garten und der vornehmen Architektur des Pingusson-Gebäudes. Der Eintritt zum Projekt „Lisière / Lichtung“ ist frei. Das Projekt wird von Saartoto und dem Ministerium für Bildung und Kultur unterstützt.
IDENTITÉ PLURIELLE ET SENS DE L’UNIVERSEL: SEYDINA OUSMANE BOYE, INA MAKOSI, MARTIN STEINERT
Le fait que l’identité humaine soit plurielle est un syllogisme. Cette pluralité est au cœur d’une pléthore d’interrogations explorées par l’art contemporain. L’humanité est le fruit d’une complicité inter-espèce sur le plan biologique. Qu’en est-il de l’identité au sens profond ? Détenteur de la conscience de soi, l’humain définit son identité en fonction de ses expériences, de son vécu, de ses espoirs. C’est dans cette perspective que l’exposition Identités plurielles et sens de l’universel explore la question de l’identité plurielle et des espoirs de tout un chacun pour la construction d’un futur meilleur.
L’exposition réunira un artiste allemand et deux artistes sénégalais pour une synergie entre la photographie et la sculpture. Au cœur de la demeure de Senghor elle présentera une galerie des portraits de personnes aux identités plurielles, ainsi qu’une sculpture participative en bois installée sur l’espace public de la corniche et ouverte à l’intervention des passants, autour de la statue du président-poète, qui avait le sens de l’universel.
Vernissage : le vendredi 3 décembre à 19h, rendez-vous sur l’esplanade de la Corniche Ouest puis au Musée L. S. Senghor. Exposition du 29 novembre au 5 décembre 2021. Horaires : ouvert du mardi au samedi de 10h à 12h et de 15h à 17h.
Im November 2021 baute Martin Steinert die 8. wooden cloud in Dakar im Senegal
Auf Einladung des Goethe-Instituts in Dakar reiste Martin Steinert im September 2021 in den Senegal, um die Bedingungen für eine wooden cloud Skulptur in der Hauptstadt Dakar auszutarieren und nach einem möglichen Standort zu suchen.
Nach der Besichtigung mehrerer in Frage kommenden Orte im Zentrum der Stadt konnte man sich schnell auf einen gemeinsamen Favoriten einigen. Eine breite Fläche direkt an der Corniche, zwischen der Straße und dem Ufer des Atlantiks, direkt neben dem Denkmal des Staatsgründer Léopold Sédar Senghor und gegenüber des nach ihm benannten Kunstmuseums.
Ein Standort, der nicht nur große Popularität genießt und von Passanten und Autoverkehr stark frequentiert ist und der Skulptur somit größtmögliche Aufmerksamkeit garantiert, sein Vorteil war auch, dass sich in unmittelbarer Nähe der Bauplatz für das neue Goethe-Institut befindet, das im nächsten Jahr gebaut werden soll. Ein umschlossenes und bewachtes Areal mit einem gemauerten Schuppen, in dem Holz und Werkzeug gelagert werden konnten.
Die Beschaffung des Holzes war neben der Frage ob es von Seiten der Stadtverwaltung eine Genehmigung für den gewünschten Standort geben würde, die zweite große Hürde vor der Realisierung des Projektes.
Mit der Auffindung eines Holzhändlers, der gebrauchte Transportpaletten verkaufte und zerlegte war die Materialfrage schnell geklärt und die 8. wooden cloud würde die erste sein, die aus recyceltem Holz gebaut ist.
Die Baugenehmigung der Stadtverwaltung dauerte etwas länger, kam aber knapp vor dem geplanten Baubeginn, sodass Martin Steinert und sein Team am 13. November mit dem Aufbau der Skulptur beginnen konnten. Nach drei Wochen war die Skulptur zu der sich Martin Steinert von der Form der Fischerboote inspirieren ließ, die überall and den Ufern entlang der Corniche liegen, fertig. Am Abend des 3. Dezember wurde die Skulptur im Rahmen des Kunstfestivals ‚Partcours‘ eröffnet.
Im August 2021 baute Martin Steinert eine Skulptur auf dem Elias-Holl-Platz in Augsburg
Es war ein Auftrag des ‚Architekturmuseums Schwaben. Martin Steinert sollte für den Garten des Museums, einer alten Villa am Stadtrand von Augsburg eine raumgreifende Holzskulptur im Stil seiner Installationen aus rohen Holzlatten entwerfen. Während der geplanten Um- und Anbauarbeiten am Museum und der damit verbundenen Schließung sollte die Skulptur eine Art Trostpflaster wegen verschlossener Museumstüren sein.
Die Betreiber der Maxgalerie in Augsburg, das Ehepaar Anette Urban und Wolfgang Reichert, die seit vielen Jahren Skulpturenausstellungen im Garten des Museums kuratierten, konnten Martin Steinert für das Projekt gewinnen und schon im Frühjahr 2020 entstand das Modell für den Museumsgarten.
Die Realisierung der 14m langen, 5m hohen und ebenso breiten Skulptur, deren Form an eine Muschel oder Nussschale erinnert, musste wegen Corona um ein Jahr verschoben werden. In dieser Zeit entschied der Vorstand der Architekturstiftung, die Skulptur nicht in den Museumsgarten zu stellen, sondern sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Der beliebte und stark frequentierte Elias-Holl-Platz mitten im Zentrum der Stadt hinter dem Rathaus war der neue Wunschort, dem die Stadtverwaltung durch den engagierten Einsatz des Stiftungsvorstands und die Erfüllung einiger Auflagen auch zustimmte. Innerhalb von 3 Wochen im August 2021 baute Martin Steinert seine Skulptur aus 2000 lfm Holzlatten.
Anette Urban und Wolfgang Reichert gaben dem Skulpturenprojekt den Titel ‚like a shell of a nut‘ der sich nicht nur auf die Form der Skulptur bezieht. ‚say it in a nutshell‘ ist ein englisches Sprichwort, mit dem man jemanden auffordert, etwas kurz zu formulieren, es auf den Punkt zu bringen. Somit ist der Titel auch eine Anlehnung an Steinerts internationales Kunstprojekt ‚wooden cloud‘ bei dem in den Zentren internatinaler Metropolen temporäre Skulpturen entstehen, auf die Passanten ihre Wünsche, Gedanken und Botschaften schreiben können. Damit ist die Skulptur in Augsburg zu einer Sonderausgabe der worden cloud geworden und zu einer Monentaufnahme der Befindlichkeit der Augsburger Bevölkerung.
Im Frühjahr 2021 baute Martin Steinert eine Kugel an der Wintringer Kapelle
Unter dem Titel [VER]WANDLUNG – Weltenkreis Erde widmet sich im UNESCO-Biosphärenreservat Bliesgau (Deutschland/Europa) aktuell ein Kunstprojekt dem anstehenden ethischen und ökologischen Wandel innerhalb der Weltgemeinschaft. Dabei thematisiert die Sprache der Kunst und der Poesie die Vision eines partizipativen Transformationsprozesses zugunsten einer besseren Welt. Das weltweite Netzwerk der Biosphärenreservate wird in diesem künstlerischen Akt im Jahr des 50. Jubiläums des UNESCO-Programms „Der Mensch und die Biosphäre“ unmittelbar integriert.
Eine hölzerne Skulptur des Bildhauers Martin Steinert liefert dazu die Bilder. Das Kunstwerk entstand in den Resten einer mittelalterlichen Klosterkirche. Dieses Refugium ist in die Hoffläche eines biologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsbetriebs, dem „Wintringer Hof“, eingebettet und wirbt in der Gegenwart mit Kunstprojekten im UNESCOBiosphärenreservat Bliesgau für nachhaltiges Denken und Handeln [www.kulturort-wintringer-kapelle.de].
Vor Ort formte der Bildhauer durch das Ineinanderfügen und Verweben von Segmenten aus regionalem Holz eine überdimensionierte Kugel zu einem „Weltenkreis Erde“. Diese Technik verbildlicht in hohem Maße die Interaktion von unzähligen menschlichen Sichtweisen und Vorstellungen bei der Gestaltung von Lebensräumen und Zukunft. Durch die sukzessive Verbindung der Hölzer verwandelt sich das Geflecht zunehmend zum „Weltenkreis Erde“, dessen Statik auf der gemeinsamen Verantwortung jedes Einzelnen für das Ganze beruht. Im Entstehungsprozess der Skulptur wurden, unter der Beteiligung von vielen Menschen vor Ort, 714 grün eingefärbte Holzsegmente eingefügt. Sie symbolisieren jeweils eines der 714 weltweit bestehenden UNESCO-Biosphärenreservate.
Im Oktober 2020 entstand in Tirana, der Hauptstadt Albaniens die 7. wooden cloud.
Initiiert hat das Projekt Prof. Genc Mulliqi, Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Tirana. Wir haben uns 2017 bei einer gemeinsamen Ausstellung in Perugia kennengelernt. Auf seine Anregung hin hat mich die Deutsche Botschaft eingeladen und beauftragt, die wooden cloud Tirana als Teil der ,Deutschen Woche‘ nach dem 3. Oktober in der Innenstadt zu bauen. Im Februar 2020 war ich für fünf Tage in die Stadt gereist, um mit der Deutschen Botschaft, der Stadt Tirana und Genc Mulliqi einen geeigneten Standort für die wooden cloud zu finden. Am 5.Oktober kam ich für drei Wochen nach Tirana, um das Projekt zu realisieren.
Momentaufnahmen vom Skanderbeg-Platz
Fotos aus dem Beitrag des albanischen Fernsehens (YouTube-Video) vom 19.10.2020
Im Herbst 2020 entsteht in Tirana die siebte wooden cloud.
Kurz vor Baubeginn ist der Stadtrat von Tirana dem Bürgermeister gefolgt und hat den A-Entwurf für die wooden cloud genehmigt. Am Mittwochmorgen, dem 7. Oktober, geht‘s auf dem Skanderbeg-Platz los, er ist das Herz der Stadt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft in Tirana, mit Professor Genc Mulliqi und der Akademie der Künste in Tirana und ich freue mich, dass Marija Kiefer wieder dabei ist.
Welche Wünsche bewegen uns und unsere Mitmenschen? Was ist Antrieb für Veränderungen und gesellschaftlichen Wandel? Was braucht es, um diese Hoffnungen und Träume Wirklichkeit werden zu lassen? Mit seinem Kunstwerk ‚wooden cloud‘ stellt sich Martin Steinert genau diesen Fragen. Er tritt an sein Publikum heran und lädt es auf eine besondere Art und Weise ein, seine Gedanken und Wünsche zu teilen. So werden die Passanten selbst Teil der ‚wooden cloud‘, einer aus Holz bestehenden Kunstinstallation im öffentlichen Raum, die von Station zu Station unterschiedliche Formen annimmt. Martin Steinert hat sich mit seinem Vorhaben einer ‚wooden cloud‘ für Prag an das Goethe-Institut Tschechien gewandt und die Entscheidung ist uns nicht schwer gefallen: Sehr gerne wollten wir die Kunstinstallation unterstützen und luden den Saarbrücker Bildhauer für die Realisierung seiner Idee auf eine dreiwöchige Residenz im Sommer 2020 nach Prag ein. Residenzen sind für das Goethe-Institut als weltweit tätiges Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland ein wichtiges Förderinstrument der künstlerischen Mobilität, der Vernetzung und des Kulturtransfers. Es öffnet damit einen Raum für neue Perspektiven. Schließlich kann es besonders inspirierend sein, künstlerische Arbeiten an ganz spezifischen Orten zu verankern und darüber hinaus in einem anderen Land nachhaltige Arbeitskontakte aufzubauen. Wichtig für die Realisierung der Installation in Prag war nicht zuletzt ein verlässlicher Partner, den wir in den Organisatoren des sculptureline-Festivals gefunden haben. Dank ihrer Unterstützung und ihren erfolgreichen Gesprächen mit den zuständigen Behörden konnte die ‚wooden cloud‘ in Form eines Bootes auf dem Smetanovo nábřeží direkt im Prager Stadtzentrum und unweit vom Moldauufer entstehen. Auch etwas Glück gehörte in einem ansonsten von der Pandemie geprägten Jahr dazu und so erlaubten die Sommermonate den Aufenthalt unseres Gasts in Tschechien und dessen Arbeit im öffentlichen Raum. Den Namen ‚wooden cloud‘ trägt das Kunstwerk, weil es „wie eine Wolke von einem Ort zum anderen zieht, sich eine Zeit lang dort niederlässt … und dann kommt der Wind und trägt sie weiter“ (Martin Steinert, Prag 2020). Wir bedanken uns für die schöne und angenehme Zusammenarbeit und wünschen Martin Steinert und seinem Team gute Winde für noch viele weitere Orte, an denen die ‚Wolke‘ für eine gewisse Zeit verweilen kann.
Im Sommer 2020 ist in Prag die sechste wooden cloud entstanden.
1800 m Holzlatten, 6000 Schrauben – fertig. Ein Boot. 16m lang und 4 m hoch. Auf einer Straße, die entlang der Moldau führt.
wooden cloud / Prag / Memorial of Silence
Bei der Suche nach einem dauerhaften Standort entstand irgendwann die Idee, es zur ‚Bubny Railway Station‘ zu bringen und es dort zu einem Teil des ‚Memorial of Silence‘ zu machen. Von dem Bubny Bahnhof aus wurden während der Nazi-Diktatur Tschechische Juden mit Zügen in die Ghettos und Vernichtungslager gebracht. In den letzten Jahren ist dieser Bahnhof zu einem Ort der Erinnerung und Aufarbeitung geworden, zu dem Memorial of Silence. Auf dem Vorplatz des Bahnhofs gibt es eine Skulptur aus Eisenbahnschienen und -Schwellen, einem Stück Schienenstrang, das 10 – 12 Meter hoch in den Himmel ragt. Mit Kranfahrzeug, Tieflader und Begleitfahrzeugen ist das Boot am 24. November quer durch Prag zum Bubny Bahnhof transportiert worden, wo man es auf einer Rasenfläche neben dem Denkmal abgelegt hat. Am Tag darauf, dem 25. November war es Kulisse der Festlichkeiten und einer Filmdokumentation zum 80. Jahrestag der ,Patria-Katastrophe‘ , bei der 27O jüdische Flüchlinge, viele davon aus Prag, bei einer Explosion auf dem im Hafen von Haifa liegenden Ozandampfers ‚Patria‘ ums Leben kamen. Das Boot, die ‚wooden cloud – Prag‘, hat unerwartet und nie geplant eine völlig neue Bedeutung erhalten und eine ehrenvolle und verantwortungsschwere Aufgabe übernommen.
Das Smetana-Ufer ist normalerweise eine vierspurige Hauptstraße am Übergang von der Neustadt zur Altstadt mit zwei Trambahn-Spuren in der Mitte. Wegen der Corona Pandemie hat man sie von der Kreuzung Most Legií, Národní und Smetana-Ufer an, von der Altstadt kommend, zur Einbahnstraße gemacht, um einen Fahrstreifen abzutrennen und für die Aussenbestuhlung zweier Restaurants und dem Smetana-Café zu nutzen. Eine Maßnahme zur Unterstützung der Corona gebeutelten Gastronomie der Stadt, deren verkehrsberuhigender Effekt die Entscheidung unterstützte, das Boot genau dorthin zu stellen, hatte man mir gesagt.
Textauszug aus dem Fotobuch „wooden cloud – Prag 2020“
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